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Welche Hintergründe hat das systemische Beratungskonzept?

An dieser Stelle sollen einige Ausführungen zum noch fundierteren Verständnis des systemischen Beratungsansatzes dargestellt werden.

Die systemische Beratung ist ein eigenständiges Verfahren, das bei unterschiedlichen Problemsituationen für Einzelpersonen oder Gruppen praktiziert wird. Sie entwickelte sich in den 1980er Jahren aus dem Bereich der klassischen Familientherapie, indem sie sich über Familienstrukturfragen hinaus vermehrt an systemisch-konstruktivistischen Grundideen ausrichtete. Aktuell findet die systemische Beratung erfolgreiche Anwendung in so unterschiedlichen Bereichen wie individuelle Entscheidungsberatung, Familienberatung, Sozial- und Fallmanagement oder auch Organisationsberatung.

Das systemische Beratungsformat ist situationsbezogen, ressourcen- und lösungsorientiert aufgestellt. Es dient der Erweiterung von Kompetenzen und Handlungsmöglichkeiten sowie der Förderung der persönlichen und beruflichen Entwicklung von Menschen in ihren jeweils privaten bzw. beruflichen Umgebungen.

Für die Systemische Gesellschaft (SG) als Deutscher Verband für systemische Forschung, Therapie, Supervision und Beratung e. V. sind unter anderem folgende Aspekte von besonderer Bedeutung:

Die systemische Beratung betrachtet den Zusammenhang aller Aspekte der individuellen oder zwischenmenschlichen Problemlagen und Symptome des Klienten. Sie geht davon aus, dass sich diese Probleme grundsätzlich in kommunikativen Prozessen entwickeln und darin aufrechterhalten werden.

Die systemische Beratung wird keine gezielten Verhaltensänderungen von außen herbeiführen. Vielmehr vertraut sie den im Klienten vorhandenen Kompetenzen und hilft, diese optimal zu erschließen und zu nutzen. Sie stellt ein Anregungspotential für die Selbstveränderung innerhalb der als problematisch empfundenen sozialen Systeme dar. Deshalb sind vordergründig die Ressourcen des Klienten gefragt. Daraus können die Ansatzpunkte für Lösungsmöglichkeiten entwickelt werden.

Der Ausgangspunkt der Beratung liegt nicht in einseitigen diagnostischen Beurteilungen. Vielmehr stellt der Berater passgenaue Möglichkeiten und Angebote den Erwartungen und Aufträgen der Klienten gegenüber. Diese Angebote knüpfen an die Kompetenzen und Möglichkeiten des Klienten an. Problemstellungen werden rekonstruiert, Muster und Zusammenhänge verdeutlicht.

Wirklichkeit kann nicht getrennt von ihrem Betrachter gesehen werden. Jeder Mensch erblickt mit seinen Augen die Welt, jeder Mensch konstruiert seine eigene Wirklichkeit. Also gibt es unzählige Wirklichkeiten und Blickwinkel auf die Welt und damit auch auf denselben Augenblick und dieselbe Situation. Diese Unterschiede entstehen also zwangsläufig und sind immer vorhanden. Jeder Mensch hält seine Wirklichkeit für die Wahrheit. Wenn es demzufolge so viele Wahrheiten wie Menschen gibt, gibt es dann die eine Wahrheit?

Aus den Ansichten unterschiedlicher Menschen entstehen möglicherweise Meinungsverschiedenheiten und Irritationen, die zu Problemen für einen einzelnen Menschen oder zu Konflikten zwischen den Beteiligten führen können. Konfrontationen entstehen, weil jeder Mensch sein eigenes Bild von der Realität hat und dieses nicht mit dem Bild, das andere Personen haben, übereinstimmt. Vor allem kommt es zu Missverständnissen, weil eine Person regelmäßig nicht – vollständig - den Lebens- und Gedankenkontext der gegenüberstehenden Person kennt. Wenn es gelänge, eine andere Sicht auf die umstrittene Situation zu erlangen, wäre es zugleich auch möglich, den Konflikt zu verkleinern oder gar zu lösen.

Die systemische Beratung unterstützt Menschen darin, bislang nicht entdeckte Sichten auf problematische Situationen und auf ihre Wirklichkeit zu erkennen, auszuprobieren und anzunehmen. Mit einer anderen Wirklichkeitskonstruktion, anderen Blickwinkeln und Denkweisen werden Situationen neu definiert und Konfliktpotential verkleinert. Dabei orientiert sich die systemische Beratung konsequent an den Kompetenzen und Erfahrungen der Klienten, um neue Möglichkeiten für Lösungen zu gewinnen.


Weiterführend:

Groth, Torsten: Wie systemtheoretisch ist „Systemische Organisationsberatung?“: Neuere Beratungskonzepte für Organisationen im Kontext der Luhmannschen Systemtheorie. Münster: LIT, 1996

Schlippe, Arist von; Schweitzer, Jochen: Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1998

Schult, Christian: Systemtheorie. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt, 2003

Watzlawick, Paul: Lösungen: Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels. Bern; Göttingen; Toronto: Huber, 1992

www.systemische-gesellschaft.de

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